Gratulation von Kurt zu Hildegunds 75. Geburtstag

Meiner lieben Frau Hildegund Möller, geboren am 6.10.1909 zum 6.10.1984

Hildegund und Kurt, acht Jahre bevor folgende Hymne gedichtet wurde
Hildegund und Kurt, acht Jahre bevor folgende Hymne gedichtet wurde
    1. Heut‘ an Deinem Ehrentage
      sei Dir dies Gedicht gewidmet.
      Fünfundsiebzig Jahr’n entsprechend
      fünfundsiebzig Strophen hat’s.
    2. Der Diákonissenvater
      Théodor Flíedner war Dein Urgroß-
      vater, dessen Sohn Fritz Fliedner
      ging nach Spanien, nach Madrid,
    3. wurde Vorsteher des Werkes
      Evangelium zu fördern
      und die Sammlung deutscher Christen
      zu bewerkstellígen dort.
    4. Dessen Tochter, Deine Mutter,
      schenkte ihrem lieben Manne,
      Deinem Vater, Pfarrer Albrecht,
      eine Tochter Hildegund.
    5. Du warst zweites Kind der Eltern.
      Vor dir war Marie-Luise.
      Nach dir folgten fünf Geschwister,
      Mädchen zwei und Brüder drei.
    6. Unbeschwerte Jugendjahre,
      groß der Kreis der Anverwandten.
      Wohl behütet und bewahret,
      so verging die Kinderzeit.
    7. Und es kamen schwere Jahre.
      Es brach aus der erste Weltkrieg.
      Rückkehr wurde unterbunden
      in die Heimat Deutsches Reich.
    8. Nachbarin: die Deutsche Botschaft.
      Kennen lernst du viele Leute,
      interessánte Lebensläufe
      und erfährst manch schweres Los.
    9. Neunzehnhundertzweiundzwanzig
      nach dem lieben Weihnachtsfeste
      an Erkältung seiner Lungen
      traf den Vater schneller Tod.
    10. Und die Witwe mit den sieben
      Kindern zwischen null und fünfzehn
      fuhr auf wildbewegtem Meere
      in das liebe Heimatland.
    11. Schwierig war die Wohnungssuche,
      keine Wohnung war zu kriegen,
      Inflation und Geldentwertung.
      Es war eine schlimme Zeit.
    12. Die Familie ward zerrissen.
      Bei Großeltern, bei Verwandten
      lebte sie und bei Bekannten.
      Es war eine große Not.
    13. Doch die schlimme Zeit vergehet.
      Schließlich findet eine Lösung
      sich. Im schönen Städtchen Potsdam
      aufgespüret ward ein Heim.
    14. Am Kanal sind endlich glücklich
      alle wieder sie beisammen,
      freuen sich nach langer Trennung,
      dass sie wieder sind vereint.
    15. Bei Erziehung der Geschwister,
      bei Betreuung der noch Kleinen
      bist du unermüdlich tätig,
      auf Dich nimmst Du viele Müh‘.
    16. Nach Besuch der Oberschule
      und dem Abschluß Reifezeugnis
      will die Mutter Dich befäh’gen,
      wirtschaftlich zu sein im Haus.
    17. Haushaltshilfe in der Pfarre
      Schmergow mußt ein Jahr Du machen,
      früh und spät und unentgeltlich,
      Gartenarbeit war dabei.
    18. Aber dann sind schöne die Zeiten:
      An der Technischen Hochschule
      in Berlin-Charlottenburg nun
      eingeschrieben als Student.
    19. Mathemátik, Philosóphie
      auf dem Stundenplane stehen.
      Intensiv wird auch betrieben
      Ph´ysik und dazu Chemie.
    20. Abgeschlossen wird das Studium,
      folgt darauf die Referendarszeit.
      Nebenbei verdienst Du wenig
      durch Nachhilfeunterricht.
    21. Prüfung wird als Assesorin
      dann bestanden. Für die Arbeit
      nicht Entlohnung, nur umsonsten
      darfst Du halten Unterricht.
    22. Wegen wunderbarer Schönheit
      angestarrt und sehr bewundert,
      bist Du Sehnsucht vieler Männer,
      die bewerben sich um Dich.
    23. Erst nur waren es Mitschüler,
      dann zahlreiche Kommilitonen
      und es endet als Verlobter
      schließlich der Professor des …
    24. Ich sah Dich, geliebte Fraue,
      herrlich, strahlend anzusehen,
      voll Begeist’rung, voller Wonne
      von der allerletzten Bank.
    25. Du erfülltest mein Gemüte,
      alle Sinne mir erbebten,
      Glück durchzitterte die Seele,
      Wonneschauer das Gebein.
    26. Welche Formen, welche Farben,
      welche wundervollen Augen,
      welches Lächeln, welche Güte,
      alles voller Lieblichkeit!
    27. Und ich kann es nicht erwarten:
      Wann Dich endlich wiedersehen.
      Guck‘ Dir hoffnungsvoll entgegen
      und geh schnell in ein Versteck.
    28. Und es trennen sich die Wege.
      Arbeit ist kaum noch zu finden.
      Es gelinget schließlich doch noch,
      findest sie im Windkanal
    29. bei Heinkél in Warnemünde
      an der Ostsee schönem Strande
      neue, völlig unbekannte
      in dem großen Flugzeugwerk.
    30. Doch die ungeliebte Arbeit
      endet, und in Leipzig findet
      sich die neugeschaff’ne Stelle
      Forschung für die Hauswirtschaft.
    31. Das ward nichts. Es trat dazwischen,
      da Du wieder Dich entlobtest,
      ein Dich immerzu Verehr’nder
      einst im kalten Monat Mai.
    32. Hoch beglückt und hoch erfreuet
      hüpft das Herze mir im Leibe.
      Endlich hab‘ ich Dich, Geliebte,
      endlich hab‘ ich Dich als Frau!
    33. Glücklich sind in Wilhelmsruhe,
      glücklich sind wir in Karlsruhe,
      glücklich sind wir auch in Naumburg,
      glücklich vorher in Rackith.
    34. Doch wir woll’n allein nicht bleiben
      und wir wollen uns vermehren.
      Das gelingt, und Kindersegen
      strömet ein in unser Haus.
    35. In der neuen Villa Hügel
      ward geboren unter Schmerzen
      unser Erstgebor’ner Wilhelm,
      und da war die Freude groß!
    36. Agnes folgte. Ach die liebe,
      gute, brave, hübsche Tochter
      starb an Masern und Keuchhusten.
      Anderthalb Jahr war sie alt!
    37. Doch ein Trost ward uns gegeben:
      Bald erschien die Anneliese,
      ward uns Freude, war uns Wonne,
      war Entzücken uns und Trost.
    38. Krieg durchschauerte Europa,
      schauerlich Sirenen heulten.
      In den Keller mit den Kindern
      in Karlsruhe, in Berlin.
    39. Doch wir kamen durch und lebten.
      Nach Rackith evakuiertest
      Du mit Kindern und indessen
      sind total wir ausgebombt.
    40. Nach der Großmutter, die einstmals,
      für den Vater sterbend, heimging,
      ward genannt die nächste Tochter,
      Lisbeth, dieses liebe Kind.
    41. Als der Krieg beendet wurde,
      als dann endlich wurde Frieden,
      ward geboren unser Friedrich
      an des Bruders Géburtstág.
    42. Abgebauter Dorfschulmeister
      ging dann in die Demontage,
      wurde lange Hilfsabeiter
      in Vulkanisieranstalt,
    43. konnte damit nicht ernähren
      seine lieben Angehör’gen.
      Doch es wurde Rat gefunden:
      da sprangst Du als Hilfe ein.
    44. Merseburg, Sitz und Behörde
      von dem Schulamt, stellte Dich nun
      ein in Naumburg und Du wurdest
      Oberstufenlehrerin.
    45. Wenig gab’s damals zu essen:
      Haushaltführen, waschen, flicken,
      Kinder großzieh’n, Gartenarbeit
      und dazu der Unterricht!
    46. Viele, große, schwere Taten
      mußtest Du damals bewält’gen,
      wurdest dazu auch noch schwanger.
      Treu erfülltst Du jede Pflicht!
    47. In der Klinik Doktor Schieles
      dieses Licht der Welt erblickte
      uns’re Jüngste, uns’re Gertrud,
      unser lieber roter Fuchs.
    48. Unsre lieben Kinder alle,
      unsre Hoffnung, unser Sehnen,
      sie erfreuen unser Dasein,
      sie sind unser großes Glück.
    49. Dann herausgerissen aus der
      schönen, vielgeliebten Arbeit,
      die Dir Spaß gemacht und Freude,
      nach Mittweida ging es nun.
    50. Und aus Kindern wurden Leute.
      Abitur bestanden alle,
      lernten alle für das Leben
      einen passenden Beruf.
    51. Wilhelm wurde Hochschullehrer
      nach dem Studium in Dresden
      der Physik und Pädagogik,
      Arbeit im Halbleiterwerk.
    52. Anneliese ging nach Leipzig
      und nach schweren Praxiszeiten
      nimmt sie auf und widmet sich dem
      Studium der Landwirtschaft.
    53. Lisbeth wollt‘ zur Mathemátik,
      Studienplatz im fernen Rußland,
      Fittings fertigt sie in Prösen,
      doch sie wurde Katechet.
    54. Friedrich praktiziert in Lob’tal,
      Theologe im Missionshaus
      lernt er und er wird nach
      Lückendorf dann schließlich ordiniert.
    55. Spinnerin lernte die Gertrud,
      Abitur mit ausgezeichnet
      sie bestand, ging dann nach Dresden,
      wurde daselbst Ökonom.
    56. Du hast alle großgezogen,
      daß sie tücht’ge Menschen wurden,
      lernten, anderen zu helfen,
      mehren das gemeine Wohl.
    57. Alle suchten sich Gefährten
      für das Leben: Hildchen, Willi,
      Karl, Christiane, Werner, alle,
      alle sind uns lieb und wert.
    58. Handarbeiten anzufert’gen,
      das verstehst Du wie kein Zweiter,
      stricken, sticken, häkeln, klöppeln,
      batiken und Makramee.
    59. Taufdeck’n ín Teneríffasternen
      in der Toledoarbeit,
      Kleider, Jäckchen, Handschuh‘, Hosen,
      Strümpfe, Decken, Hausschuh‘ gar!
    60. Topflappen, Pullover, Puppen
      aller Größen, jede Menge,
      auch Marionetten hast Du
      hergestellt mit vieler Müh‘.
    61. Stroharbeiten, Applizieren,
      Knüpfen, Schiffchenwebereien,
      schöne Muster und Entwürfe,
      Perle im Textilzirkél.
    62. Wunderbare Kochrezepte
      kannst in Speisen Du verwandeln,
      daß unscheinbare Zutáten
      werden zu ’ner Leckerei.
    63. Mahlzeiten gut zubereiten,
      kochen, backen, schmoren, grillen,
      anmutig den Tisch garnieren,
      daß das Essen ein Genuß.
    64. Und auch mit der Blumenpflege,
      Sitzmöbel, Sofas und Stühle,
      neu beziehen, Buch einbinden
      kommst ohn‘ weit’res Du zurecht.
    65. Schaukästen schön ausgestalten,
      früh Erlebtes aufzuschreiben,
      daß von einstigem Geschehen
      auch der Nachkomme erfährt.
    66. Mathemat’sche Fachartikel
      zu ersinnen, zu verfassen,
      das gelingt Dir, so daß Viele
      daran haben ihren Spaß.
    67. Fünfundsiebzig Jahre liegen
      hinter Dir und nun inzwischen
      sind wir alle beide Rentner
      und genießen unser Sein.
    68. Dies betrifft jedoch nur Einen.
      Wenn Dein Alter müßig rumsitzt,
      rumliegt, wandert und in Ruhe
      Silbenrätsel lösen tut,
    69. dann mußt weiter Du versorgen
      Deinen Alten und mußt schaffen,
      wirken, kochen, waschen, säubern,
      plätten, flicken ohne Rast.
    70. Mögest lange Du noch frisch sein,
      Freude haben an dem Kindern,
      an den sechzehn lieben Enkeln,
      denen Märchen Du erzählst.
    71. Allen bringest Du Verständnis,
      allen bringst Du Lieb‘ entgegen,
      alle hängen an der lieben,
      guten, alten, tücht’gen Frau.
    72. Möge auch in weit’rer Zukunft
      segnen Dich und auch behüten
      Gott, der mächtige und güt’ge,
      Vater, Sohn und Heil’ger Geist.
    73. Ihm sei Preis und Lob und Ehre.
      Er hat Alles wohlgestaltet.
      Es half uns in schweren Zeiten,
      war uns Schutz und feste Burg.
    74. Voller Zuversicht auf Gnade
      wollen wir dem Ende zugeh’n,
      bis der Herr uns zu sich nehme
      und uns führ‘ in’s Paradies.
    75. Hoch nun wollen wir Dich leben
      lassen, uns’re wundervolle,
      pfund’ge, prächtige, famose
      Oma, Mutter, Ehefrau.
    76. 1) Hoch soll sie leben,
      hoch soll sie leben,
      dreimal hoch‘ …
      2) …
      3) …

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